Welche Möglichkeiten hat der Arbeitgeber, falls Arbeitnehmer die Impfung verweigern?

Die Corona-Pandemie hat unsere Art zu arbeiten von Grund auf verändert. Nicht nur, dass die Digitalisierung schneller fortschreitet und ein Großteil der Mitarbeiter im Home-Office tätig ist. Auch Unternehmen und Arbeitgeber müssen Hygienevorschriften und Sicherheitsprotokolle einhalten, um zumindest der firmeninternen Verbreitung des Virus vorzubeugen.
Seit nun einem Jahr gehört es zum Arbeitsalltag, dass an Eingängen eines jeden Unternehmens die Körpertemperatur gemessen oder gar Schnelltests organisiert werden.
Sobald die Covid-19-Impfungen der breiten Masse zugänglich sind, könnten Arbeitgeber aus arbeitssicherheitstechnischen Gründen einen Impf-Nachweis von ihren Arbeitnehmern verlangen.
In gewissen Sektoren, wie bei Reinigungsunternehmen oder Betrieben der Lebensmittelindustrie, könnte dies sogar unumgänglich sein.
Die Impfung aller Mitarbeiter würde:
- den betriebsinternen Umgang mit dem Virus erleichtern;
- der Kunden- und Lieferantenkontakt könnte wieder aufgenommen werden;
- die betriebliche Tätigkeit und Produktivität wieder gesteigert werden;
- temporäre Schließungen ganzer Abteilungen aufgrund von Infektionen verhindert werden.
Vorausgeschickt sei, dass der Arbeitgeber seine Mitarbeiter bzw. Arbeitnehmer nicht zur Impfung zwingen kann. Artikel 32 der italienischen Verfassung besagt, dass „niemand zu einer bestimmten Heilbehandlung verhalten werden kann, außer durch eine gesetzliche Verfügung.“
Jedoch sieht Artikel 20 des Einheitstextes zur Gesundheit und Sicherheit (Legislativdekret Nr. 81/2008) vor, dass Arbeitnehmer nicht auf ihre eigene Gesundheit und Sicherheit, sondern auch auf jene der anderen Mitarbeiter achten müssen. Artikel 2087 des Zivilgesetzbuches verpflichtet hingegen den Arbeitgeber dazu, jene erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, welche die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer garantieren.
Und wenn man davon ausgeht, dass die Impfung ein Werkzeug zur Eindämmung des Virus und in der Folge essenziell für Sicherheit am Arbeitsplatz ist?
Könnte der Arbeitgeber laut oben genannten Artikeln einen Nachweis der Impfung von seinen Arbeitnehmern einfordern?
Welche Möglichkeiten hat also der Arbeitgeber, wenn die betrieblichen Erfordernisse eine „covid-free-area“ unumgänglich machen?
Die Grundvoraussetzungen dafür sind:
- die ausgeführte Tätigkeit (z.B. Reinigungsunternehmen, Lebensmittelproduktion etc.);
- die Art der Arbeit, welche einen regen Kontakt mit Kunden, Lieferanten und oder Mitarbeitern erfordert;
- die Beschaffenheit der betrieblichen Räumlichkeiten, welche das Einhalten der Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen schwer umsetzbar machen.
Sollte der Arbeitgeber aufgrund eben dieser Umstände die Notwendigkeit haben, dass seine Mitarbeiter geimpft sind, diese sich jedoch weigern, muss die Begründung zur Impfverweigerung vom Betriebsarzt überprüft werden.
Die Überlegungen ändern sich, sollte der Arzt bestätigen, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen (Unverträglichkeit, Allergie, Schwangerschaft etc.) nicht geimpft werden kann.
In erster Linie muss überprüft werden, ob der Mitarbeiter seinen Aufgaben auch im Home-Office nachgehen kann. Ist dies aufgrund der ausgeführten Tätigkeit des Betriebes und des Mitarbeiters nicht umsetzbar, muss abgewogen werden, dem Arbeitnehmer andere Aufgaben zu zuweisen, welche seiner Einstufung und Qualifikation entsprechen, wo jedoch das Risiko einer Ansteckung oder Verbreitung überschaubar und berechenbar ist.
Kann auch dies in dieser Form nicht umgesetzt werden, können dem Arbeitnehmer auch Aufgaben bzw. Tätigkeiten zugewiesen werden, welche nicht seiner vertraglichen Einstufung entsprechen, oder auch die Versetzung in eine andere Betriebsstätte oder Filiale abgewogen werden.
Könnte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer suspendieren oder entlassen, wenn dieser die Impfung ablehnt?
Die aktuelle Gesetzeslage erschwert es, Schritte dieser Art zu setzen, da wie oben beschrieben die Verfassung in diesem Sinne wenig Spielraum zulässt.
Unter Experten des Arbeitsrechts ist bereits eine breite Diskussion im Gange, welche Für und Wider abwiegt. In der Hoffnung, dass sich die Situation rund um COVID-19 und in die damit verbundenen Diskussionen wieder Normalität einkehrt, gilt es diesbezüglich abzuwarten, dass die Rechtsprechung Präzedenzfälle und Klarheit schafft.